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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 19

1900 - Essen : Baedeker
19 erbietig den Hut. Der Doktor fragt ihn: „Was führt dich hierher?" — „Das Almosen, gnädiger Herr, das Sie mir geben, fo oft ich nach Prag komme!" war die Antwort. „Aber du hast mich ja nicht zu Hause gefunden!" — „Darum hab' ich warten wollen, bis Sie kämen." — „Du fandest ja alles offen, hättest ja nehmen können!" — „Bewahre, gnädiger Herr, der Draht- binder ist arm, aber ehrlich." — „Bist du schon lange hier?" — „Wohl zwei Stunden!" — „Da hast du lange ans dein Almosen warten müssen!" — „Hab gern gewartet; denn ich hab' derweile Wache gehalten. Es hätten Diebe kommen können!" „Du ehrliche Seele!" sägte da gerührt der Doktor: „Das soll dir nicht unvergolten bleiben!" Er tritt in das Zimmer, nimmt eine der Geldrollen vom Pult und giebt sie dem braven Burschen. Der biedere Mensch will zuerst gar nicht zugreifen; als indessen der Arzt in ihn dringt, nimmt er 's endlich und geht mit tausend Segenswünschen und heißem Danke gegen Gott von dannen. Nach W. O. v. Horn. 21. bis Bürgschaft. Der Schreiner Krug hatte sich in seinem Heimatdorfe ansässig gemacht und sich durch Arbeitsamkeit und Sparsamkeit ein sorgen- freies Leben geschaffen. Nun fügte es sich, dass seine älteste Tochter einen Sägemüller heiratete, und der Meister liess sich dazu verleiten, seine Habe zu verhauten und gemeinsam mit dem Sägemüller ein Wasserwerk zu erwerben. Das konnte aber nach kurzer Zeit gegen eine andere, neu errichtete Schneidemühle nicht mehr aufkommen, und nach wenigen Jahren war Meister Krug ein armer Mann. Die jungen Leute behielten noch so viel übrig, dass sie auswandern konnten, und der alte Meister kehrte wieder in sein Dorf zurück. Unverdrossen wollte er nochmals die erste Arbeit seines Lebens beginnen; aber bald merkte er, dass er jetzt weniger als nichts hatte; denn es fehlte ihm der Kredit. Er lief von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf und klopfte an den Thüren an; aber überall wies man ihn ab. Die Not stieg immer höher. Krugs guter Kamerad Grundier verbürgte sich bei einem reichen Bauern für ein Malter Korn. Meister Krug überliess es seiner Frau, die als Tagelöhnerin arbeitete; er selber aber zog wie ein junger Wanderbursche hinaus, um als Handwerks- geselle Arbeit zu finden. Es gelang ihm bereits am dritten Tage, und er arbeitete frisch drauf los; aber der alte Mann vermochte wohl die veränderte Lebensweise nicht zu ertragen, oder er entbehrte der treuen Fürsorge seines Weibes, oder das Heimweh plagte ihn; genug, noch nicht zwei Monate waren um, da wurde der Alte ins Spital gebracht. Aber bald genas er wieder; denn seine Frau war gekommen, ihn zu pflegen, und die that es nicht anders, er musste mit ihr heim. Doch da stand er wieder im alten Elend, und was ihn am meisten quälte, war, dass er nicht einmal so viel erübrigt hatte, dass er dem treuen Grundier die Bürgschaft ablösen konnte. Wieder begann er voll Ver- zweiflung seine Wanderungen, und einmal, als er auf dem Heimweg war, übermannte ihn das Elend. Unter einer Buche mit niederhängen- den Zweigen blieb er stehen, knüpfte sein Halstuch los und machte eine Schlinge um einen Ast. ,,Mach’ ein End!“ sagte er vor sich hin und stampfte auf die Erde, in der er sich ein Grab erzwingen wollte. 2*

2. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 111

1900 - Essen : Baedeker
111 geschäfts übertragen hätten. Die Gewöhnung zur Buchführung muss beizeiten beginnen. Wer sich daran gewöhnt hat, „in den Tag hinein zu leben“, dem ist schwer mit der Buchführung beizukommen. 2. Mit dem Handwerk und Kleingewerbe ist ’s ein eigen Ding. Der Handwerksmeister ist kein Kaufmann und muss doch kauf- männischen Verpflichtungen nachkommen. Er muss der Werkstatt vorstehen und soll doch als feiner Geschäftsmann die Kunden be- dienen. Er soll nach jedermanns Geschmack die besten Waren liefern und doch geduldig auf Bezahlung warten. Da gilt es denn, die Vor- teile der kaufmännischen Geschäftsführung sich zu nutze zu machen, den Kredit zu erhöhen und in bescheidenen Grenzen sich auch des Wechselverkehrs zu bedienen. Die Buchführung aber muss der Rück- grat des ganzen Geschäftes sein. Für den Handwerker genügt in- dessen die einfache Buchführung, während sich grössere Kaufmanns- firmen der sogenannten doppelten Buchführung bedienen. Den Anfang der Buchführung muss die Aufnahme eines genauen Vermögensnach- weises bilden, indem man Vermögen (Aktiva) und Schulden (Passiva) einander gegenüberstellt. Die Aufstellung des Inventars ist notwendig, weil man nicht feststellen kann, wieviel man im Laufe eines Jahres verdient hat, wenn man nicht weiss, wie gross das Vermögen am Anfang des Jahres gewesen ist. Alsdann richtet man das Tagebuch, Kassa- und Hauptbuch ein. In das erstere schreibt man jeden vor- kommenden Geschäftsvorfall. In das Kassabuch gehören die baren Einnahmen und Ausgaben, welche man am Ende eines jeden Monats abschließt. Das Hauptbuch dient zur Aufnahme der Geschäftsvorfälle, die nicht durch Barzahlung erledigt werden. Am Ende des Jahres wird im Hauptbuch für jeden Kunden ein Abschluss gemacht und dann ein neues Inventar aufgestellt. Allerdings ist der Handwerker nicht in dem Masse wie der Kaufmann gesetzlich zur ordnungsmäßigen Buchführung verpflichtet; aber sein und seiner Familie Wohl kann unter Umständen von ein paar Geschäftsbüchern abhängen. Ohne eine übersichtliche, genaue Buchführung ist der Handwerker nicht im stände, seine Geschäfts- unkosten festzustellen, so daß er bei der Aufstellung von Kostenberech- nungen im Finstern tappt und leicht zu Schaden kommen kann. Legt eine Feuersbrunst Haus und Werkstatt in Asche, so kann der Meister nur mit Hilfe seiner Geschäftsbücher den Beamten der Feuer- versicherung beweisen, wie groß seine Vorräte an Werkzeugen, Roh- stoffen und Waren gewesen sind, welchen Schadenersatz er demnach zu fordern berechtigt ist (s. Nr. 102). Ist ein Kunde der Meinung, dass er eine Zahlung bereits geleistet habe, oder verlangt ein Gläubiger irrtümlich eine Zahlung, die der Meister schon beglichen hat, so stellen die ordentlich geführten Bücher leicht den Thatbestand fest. Ein Handwerker verschafft sich um so leichter Kredit bei Lieferanten und genossenschaftlichen Kassen, je leichter und klarer er nach- weisen kann, wie es mit seinen Vermögensverhältnissen bestellt ist. Segnet aber ein Meister das Zeitliche, so können seine Hinterbliebenen nur aus ordnungsmäßig geführten Büchern ersehen, wie sie Schuldnern und Gläubigem gegenüber gestellt sind. Verband der Bildungsvereine Rheinlands u. Westfalens.

3. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 114

1900 - Essen : Baedeker
114 Mittelpunkten der Diözese und ihres Verkehrs eigneten. Diese Bischofssitze sind ohne Ausnahme Städte geworden, z. B. Bremen, Hamburg, Magdeburg. Mit der Feier der kirchlichen Feste wurden Messen und Märkte verbunden und so fanden, wo ein Bischof seinen Sitz aufschlug, allemal Verkehr und Handel reichliche Forderung. Auch die Anlage von königlichen Pfalzen gab Veranlassung zu Städtegründungen. Wo der König Hof zu halten pflegte, entstand bald ein lebendiger Verkehr, namentlich wenn der Ort zugleich Sammelplatz des Heeres war. Wie König Heinrich I., der Stüdteerbaner, Städte als Bollwerke gegen räuberische Einfälle gründete, ist allgemein bekannt' In den Städten machte sich bald ein lebhafter Handel bemerkbar, der durch die Verbindung Deutschlands mit Italien, durch die Krenzzüge und den Verkehr mit dem Morgenlande verschiedenartige Anregungen erfuhr. Wichtig war es auch, daß zuerst in den Städten an Stelle des Tauschhandels der Geldverkehr trat. Dadurch wurde eine wirkliche Arbeitsteilung möglich, die jedem gestattet, nur ein Geschäft zu treiben, weil alles, was er sonst zum Leben braucht, fiir Geld zu haben ist. Je mehr der Geldverkehr zunimmt, desto allgemeiner wird die persönliche Freiheit; denn das Geld macht die Arbeit von dem Grundbesitz unabhängig, weil es die Bodenerzeugnisse jeder anderen Ware gleichstellt. Auch giebt es einen mächtigen Reiz, über das eigene Bedürfnis hinaus zu arbeiten und zu sparen, weil der Gewinn jeder- zeit und allerorten verwertbar bleibt. 3. Anfangs blieben die Handwerker auch in den Städten von ihren Herren abhängig; denn die Hauptmasse der Einwohner bildeten hörige Bauern und Handwerker, die aus dem Grundeigentum des Bischofs, Fürsten oder Königs saßen. Die Handwerker erhielten von ihren Herren Werkzeuge und Rohstoffe zur Verarbeitung und als Entgelt den Lebensunterhalt, mitunter auch Lohn. Indessen hatten die Handwerker in den Städten vielfach Gelegen- heit, um Geld für Fremde zu arbeiten. Die Herren hatten dagegen nichts einzuwenden, da es ihnen nur lieb sein konnte, wenn ihre Hörigen zu einer Art von Wohlstand gelangten. Je mehr die Zahl der Handwerker wuchs, desto mehr gewannen sie Zeit, für andere zu arbeiten, desto mehr lockerte sich aber auch ihre Verbindung mit dem herrschaftlichen Hofe. Sie lernten auf eigenen Füßen stehen wie die später einwandernden Handwerker, welche für das Leihen eines Bauplatzes dem Grundherrn einen jährlichen Zins zahlten und dann keinem Frondienst mehr unterworfen waren. In dem Kampfe der Kaiser gegen das Papsttum ergriffen die Städte die Partei des Kaisers. Die Heere, mit denen z. B. Kaiser Heinrich Iv. (1056—1106) ins Feld rückte, bestanden vorzugsweise aus Kaufleuten und Handwerkern. Der Kaiser erwies sich für solchen Beistand erkenntlich, indem er zunächst die härteste der hofrechtlichen Lasten, das „Bndteil", aufhob. Als Hörige, die ans fremdem Boden saßen, dursten die Handwerker nämlich kein eigenes Vermögen besitzen; nach ihrem Tode fiel daher ihr Nachlaß an den Herrn. Doch wurde es bald allgemeine Sitte, die Übergabe des Vermögens aus die Erben zu gestatten und nur einen Teil der Habe zu fordern; das war das „Bndteil" oder Sterbfallrecht. Auf dem Lande, wo die Hand- werker gänzlich auf Kosten ihrer Herren lebten, hatte diese Abgabe allerdings Sinn gehabt; in den Städten dagegen wurde sie drückend; sie lähmte den Fleiß und Arbeitseifer; denn je mehr sick der Erwerb des Handwerkers ver- größerte, desto höher stieg der Gewinn des Herrn. Der mächtigste Sporn zur Arbeit und Sparsamkeit liegt aber in der Aussicht, daß ihre Früchte

4. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 126

1900 - Essen : Baedeker
126 und Zimmerleute ihre Bauschulen. Für alle trägt der Staat Sorge, für die Handwerker aber zu wenig." „Hört, guter Freund," sagte der Fürst, „nach all den schönen Dingen, die ich gehört habe, dünkt mich das Zunftwesen ganz überflüssig zu werden." „Ew. Durchlaucht halten zu Gnaden, Ordnung erhält die Welt. Es giebt kein Regiment Soldaten ohne Tambour und Obersten. Das Publikum muß vor Pfuscherarbeit und Betrug gesichert werden. So allein wird der Handwerkerstand wieder ein Ehrenstand, der nicht bloß durch die Hand, sondern auch durch Kenntnis, Kunst und Scharfsinn seinen goldenen Boden gründet und mit den Fabriken in Wettkampf treten kann." „Ihr mögt recht haben," sagte der Fürst, „ich danke euch, Meister!" Damit hatte die Unter- redung ein Ende. Nach Heinrich Zschokke. *112. Die Organisation des Handwerks nach dem Reichsaesetz vom 26. Juli 1897. I. Die Vereinigung der verschiedenen Berufsstände zur gemeinsamen Wahr- nehmung ihrer Interessen ist in unserer Zeit eine wirtschaftliche Notwendigkeit geworden, und insbesondere bedarf das Handwerk infolge seiner geschichtlichen Entwickelung und seiner gegenwärtigen Lage dringend eines engeren Zusammen- schlusses. Dieser ist durch das bereits i. I. 1881 geschaffene Handwerkergesetz wirksam angebahnt worden, durch welches mit der schrankenlosen Gewerbesreihcit gebrochen und zeitgemäße Innungen ins Leben gerufen wurden. Fortgeführt wurde der Ausbau des Handwerkerwesens durch das Reichsgesetz vom 26. Juli 1897. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind für das gesamte Handwerk insofern von ganz besonderer Bedeutung, als nun die Möglichkeit gegeben ist, Handwerker auch wider ihren Willen zum Beitritt zu einer Innung zu zwingen, und weil in der Handwerkskammer ein Organ geschaffen worden, das die Interessen des gesamten Handwerks zu vertreten berufen ist, sowohl der in Innungen und Vereinen zusammengeschlossenen als auch der einer solchen Vereinigung nicht angehörenden Handwerker. Dieses Gesetz unterscheidet freie Innungen und Zwangs- innungen für gleiche oder verwandte Handwerke. Beiden sind Aufgaben gestellt, die entweder erfüllt werden müssen oder erfüllt werden können. Die Ausgaben, die erfüllt werden müssen, sind: 1. die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den Jnnungsmitgliedern; 2. die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen (Gehilfen), sowie die Fürsorge für das Herbergswesen und ven Arbeitsnachweis; 3. die nähere Regelung des Lehrlingswesens und die Fürsorge für die technische, gewerbliche und sittliche Ausbildung der Lehrlinge und 4. die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Meister und Lehrling, die aus dem Lehrvertrage und wegen Anrechnung der Beiträge zur Kranken- versicherung entstehen. Vernachlässigt die Innung die Erfüllung dieser Aufgaben, so wird sie geschlossen; dagegen ist es in ihr Belieben gestellt, ihre Wirksamkeit auf andere, den Jnnungsmitgliedern gemeinsame Interessen auszudehnen. Insbesondere steht der Innung zu: 1. Veranstaltungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen

5. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 133

1900 - Essen : Baedeker
133 ihre Richtigkeit aus seinen Büchern keinen Aufschluss erhalten kann; er ist nämlich nachlässig in der Führung seiner Bücher und schreibt nicht ordentlich an. Da eine gutwillige Zahlung nicht zu erreichen ist, so ist Schenk genötigt, die Hilfe des Gerichts anzurufen. Der Streitfall mit seinem Arbeitgeber ge- hört jedoch nicht vor das ordentliche, sondern vor das Gewerbegericht, und so lässt er bei der Gerichtsschreiberei des Gewerbegerichts seine Klage zu Protokoll nehmen. In wenigen Tagen erhält er vom Vorsitzenden des Ge- werbegerichts die Aufforderung, zur Verhandlung seiner Sache zu einer näher bestimmten Zeit zu erscheinen. Auch Gross hat eine solche Aufforderung erhalten, hat aber keine Lust, selbst vor dem Gewerbegericht zu erscheinen, sondern will einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Sache beauftragen. Dieser bedeutet ihm aber, dass Personen, welche das Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als Prozessbevollmächtigte oder Beistände vor dem Gewerbegerichte nicht zugelassen werden. Gross muss also wohl oder übel seine Sache selbst vertreten. Würde er ausbleiben, so würde er ohne weiteres durch Versäumnisurteil nach dem Klageanträge verurteilt werden. Er zieht es deshalb vor, sich rechtzeitig zum Termin einzufinden. Schenk, der Kläger, trägt mit kurzen Worten den Sachverhalt vor und beantragt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50 Mark und der Kosten des Verfahrens. Der Beklagte dagegen bestreitet die Ausführungen des Klägers und beantragt dessen kostenpflichtige Abweisung. Der Vorsitzende versucht nun zunächst, eine gütliche Beilegung der Sache herbeizuführen. „Wenn Herr Schenk,“ so etwa führt er aus, „sich mit solcher Bestimmtheit erinnert, den Vorschuss deshalb erbeten zu haben, um am 1. April seine Miete bezahlen zu können, dann wird er doch wohl im Rechte sein, meinen Sie nicht, Herr Gross? Wollen Sie ihm also die 50 Mark nicht lieber freiwillig zahlen? Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass, wenn die Parteien sich vor dem Gewerbegericht vergleichen, keine Gerichtskosten erhoben werden.“ Gross lehnt aber eine Einigung ab, und Schenk schiebt ihm nun einen Eid darüber zu, dass er einen Vorschuss auf den Monatslohn für Mai nicht empfangen habe. Gross schiebt den Eid zurück, und das Gericht beschliesst, dem Kläger Schenk den Eid abzunehmen. Nachdem dies geschehen ist, er- lässt das Gewerbegericht folgendes Urteil: „Der Beklagte Gross wird ver- urteilt, dem Kläger Schenk 50 Mark zu zahlen und die Kosten des Rechts- streits zu tragen.“ Bei diesem Urteil will sich Gross aber nicht beruhigen; da jedoch der Wert des Streitgegenstandes weniger als 100 Mark beträgt, so kann er nicht die Berufung an das Landgericht einlegen, sondern das Urteil des Gewerbegerichts ist in diesem Falle endgültig. Es bleibt ihm also nichts übrig, als den Kläger zu befriedigen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, dass Schenk einen Gerichtsvollzieher mit der Einziehung be- auftragt. — 3. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeits- verhältnisses fehlte es früher an einer Stelle, die geeignet und berufen war, die Vermittlung zwischen den streitenden Parteien in die Hand zu nehmen und darauf hinzuwirken, dass die für beide Teile mit schweren Opfern ver- bundenen Arbeitseinstellungen thunlichst vermieden oder, wo sie entstanden waren, möglichst rasch beseitigt wurden. Diesem Mangel wurde abgeholfen, indem man für solche Fälle die Rolle eines Einigungsamtes gleichfalls dem Gewerbegericht zuwies.

6. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 75

1900 - Essen : Baedeker
75 als Heizstoff, teils werden aus ihm die wertvollen Mineralschmieröle gewonnen. Fast alle Produkte gehen entweder mit der Bahn nach Batum am Schwarzen Meere oder zu Schiff nach Astrachan. Solch ein Transportschiff ist von Eisen und in etwa sechs Fächer eingeteilt, die mittels Pumpen gefüllt und ebenso gelöscht werden; die Form der Eisenbahnwagen hat Ähnlichkeit mit Zisternen. Im Jahre 1896 wurden aus Baku etwa 15 Millionen Doppel- centner Petroleum, Iv2 Millionen Doppelcentner Schmieröle und 35 Millionen Doppelcentner Rückstand für Heizzwecke ausgeführt. Nach Rudolf Risehin (Baku). (Aus: „Stein der Weisen“.) *77. Ein deutsches Bergwerk im Kaukasus. 1. Die weltbekannte Firma Siemens und Halske besitzt in Petersburg ein Zweiggeschäft, welches in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts von der russischen Regierung mit dem Ban mehrerer Telegraphenlinien im kaukasischen Rußland beauftragt wurde. Aus diesem Grunde wurde in Tiflis ein Neben- geschäft errichtet, dessen Leitung Walther Siemens übernahm. Nach Vollendung der Arbeiten brachte dieser im Jahre 1864 den Ankauf einer reichen Kupfer- mine zu Kedabeg bei Elisabethpol in Vorschlag. Da der Bergwerksbetrieb in den Rahmen der geschäftlichen Thätigkeit der Firma nicht hineinpaßte, so gaben Werner von Siemens und sein Bruder Karl das zum Ankauf und Betriebe erforderliche, ziemlich niedrig veranschlagte Kapital privatim her. Uber diese Unternehmung giebt Werner von Siemens in seiner Lebens- beschreibung folgenden lehrreichen Bericht. Das Kupferbergwerk Kedabeg ist uralt; dafür zeugt die Unzahl alter Arbeitsstätten, die den Gipfel des erzführenden Berges krönen, das Vorkommen gediegenen Kupfers und endlich der Umstand, daß in der Nähe ausgedehnte vor- geschichtliche Grabfelder liegen. Das Bergwerk hat eine paradiesisch schöne Umgebung mit gemäßigtem Klima und liegt etwa 800 irr über der großen kaukasischen Steppe, die sich von einem Ausläufer des kleinen Kaukasus bis an das Kaspische Meer zieht. Als der uralte, auf die Verarbeitung der zu Tage tretenden Erze gerichtete Abbau nicht mehr fortgesetzt werden konnte, kam das Bergwerk in die Hände der Griechen. Ihre schrägen, treppenförmig niedergetriebenen Schachte, aus denen sie auf dem Rücken Erze und Wasser hinaustrugen, waren noch im Gebrauch, als mein Bruder Walther das Werk übernahm. Der Bergbau nach modernen Grundsätzen wurde von uns mit sehr rosigen Hoffnungen unter Leitung eines jüngeren preußischen Berg- und Hüttenmannes begonnen. Bald aber zeigte es sich, daß bedeutende Schwierig- keiten zu überwinden waren und große Geldsummen aufgewendet werden mußten, um einen lohnenden Betrieb herbeizuführen. Lag doch das Werk etwa 600 km vom Schwarzen Meere entfernt, mit dem es weder durch eine Eisenbahn noch durch ordentliche Straßen in Verbindung stand! Alle für das Bergwerk und die zu erbauende Kupferhütte erforderlichen Materialen, ja sogar die feuerfesten Steine mußten ans Europa bezogen werden. Für das Leben einer europäischen Kolonie in dieser paradiesischen Wüste, in der Erd- höhlen als menschliche Wohnungen dienten, waren erst alle Kulturbedingungen zu schassen. Kein Wunder, daß sich uns Brüdern bald die Frage aufdrängte, ob wir die Unternehmung fortsetzen oder wieder aufgeben sollten, und daß ich mich im Jahre 1865 entschloß, selbst nach dem Kaukasus zu reisen, um mich durch den Augenschein über die Sachlage zu unterrichten. In Poti empfing mich mein Bruder Walther, mit dem ich über Tiflis

7. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 77

1900 - Essen : Baedeker
größeren Bequemlichkeit und Annehmlichkeit der Wohnungen. Auch den Männern behagte es, daß sie nicht mehr Vorkehrungen für die Regensicherheit ihrer Dächer zu treffen brauchten. Es wurde nun weiter dafür gesorgt, daß die Frauen sich allerlei kleine Einrichtungen beschaffen konnten, die das Leben im Hause gemütlicher machten. Sie fanden bald Geschmack an Teppichen und Spiegeln, verbesserten ihre Kleidung, kurz sie gewöhnten sich an Bedürfnisse, für deren Befriedigung die Männer nun sorgen mußten, die sich selbst ganz wohl dabei fanden. Das erregte den Neid der noch in ihren Höhlen wohnenden Frauen, und es dauerte gar nicht lange, so trat ein allgemeiner Zudrang zu den Arbeiterwohnungen ein. Der bedürfnislose Mensch steht jeder Kultur- entwickelung gleichgültig oder gar feindlich gegenüber. Erst wenn Bedürfnisse in ihm erweckt sind und er ihrer Befriedigung halber an Arbeit gewöhnt ist, bildet er einen dankbaren Gegenstand für gesellschaftliche und religiöse Kultur- bestrebungen. Als ich drei Jahre später Kedabeg wieder besuchte, war aus der Troglodytenniederlassung bereits eine ganz ansehnliche Ortschaft europäischen Aussehens geworden; es war ein fester Arbeiterstamm vorhanden, der den Fort- gang der notwendigen Arbeiten zu jeder Zeit sicher stellte. Leider drohte der Mangel an Holz schließlich doch das Hüttenwerk zum Stillstand zu bringen. Indes in der Regel ist die Not selbst der beste Helfer aus der Not. Es gelang uns später, die Kohlen durch den Rohstoff des Petroleums, die Naphtha js. Nr. 76), sowie durch das Masut, den Rückstand der Petroleumdestillation, zu ersetzen. Diese Brennstoffe wurden von Baku auf der Tifliser Bahn bis zum Fuße des Gebirges geführt. Da aber im Winter und während der Regenzeit die Wege von der Eisenbahn nach Kedabeg grundlos sind, so wurde aus nahtlosen Mannesmann-Stahlröhren*) eine Leitung erbaut, durch welche die flüssigen Heizstoffe aus der Ebene den hohen Bergabhang hinaufgepumpt werden. So ist im fernen Kaukasus ein Berg- und Hüttenwerk entstanden, das mit Hilfe der wissenschaftlichen Technik die Ungunst seiner Lage siegreich zu überwinden vermag. Nach Werner v. Siemens. 78. Bergmannsleben. 1. In das ew’ge Dunkel nieder steigt der Knappe, der Gebieter einer unterird’schen Welt. Er, der stillen Nacht Gefährte, atmet tief im Schoss der Erde, den kein Himmelslicht erhellt. Neu erzeugt mit jedem Morgen geht die Sonne ihren Lauf; ungestört ertönt der Berge uralt Zauberwort: „Glück auf!“ 2. Durch der Stollen weite Länge, durch das Labyrinth der Gänge wandern wir den sichern Weg. Über nie erforschte Gründe, über dunkle Höllenschlünde leitet schwankend uns der Steg. Ohne Grauen, ohne Zaudern dringen wir ins wüste Reich, führen auf metallne Wände jauchzend den gewaltigen Streich. 3. Unter unsershammers Schlägen quillt der Erde reicher Segen aus der Felsenkluft hervor. Was wir in dem Schacht gewonnen, steigt zum reinen Glanz der Sonnen, zu des Tages Licht empor. Herrlich lohnt sich unser Streben, bringet eine goldne Welt und des Demants Pracht zu Tage, die in finstrer Tiefe schwellt. Theodor Körner. (.Gekürzt.) *) Diese Röhren werden nach dem von den Gebr. Mannesmann angegebenen Ver- fahren aus massiven Metallstäben gewalzt, welche außer der Drehung um ihre eigene Achse eine Schraubendrehung erhalten und dadurch sehr widerstandsfähig werden.

8. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 79

1900 - Essen : Baedeker
79 bewegt wurde, vertraten die Stelle unserer Mühlen. Vollkommener waren die Mahlvorrichtungen, welche in völlig erhaltenem Zustande in Pompeji ausge- graben worden sind. Über einen kegelförmigen, feststehenden Stein wurde ein ausgehöhlter Stein gestülpt. Versetzte man ihn in Drehung, so bewegte sich seine innere Fläche knapp an der äusseren Fläche des feststehenden Steines vorbei. Letzterer trug an der Spitze einen Zapfen, welcher in ein metallenes Querstück des äusseren Steines passte, und dieser Hut hatte eine nach oben gerichtete, trichterförmige Öffnung, in welche das Getreide geschüttet wurde. Die Drehung des Hutes erfolgte durch Menschenkraft. Damals unterschied man schon feines Mehl, Mittelmehl und grobes Mehl. Seitdem die Herstellung des Brotes gewerbsmässig betrieben wurde, gewann das Bäckerhandwerk mit der fortschreitenden Kultur eine immer grössere Bedeutung, besonders da das Brot die Hauptnahrung der minder bemittelten Stände war. Häufig begannen Aufstände vor den Brotbänken und Bäckerläden; denn das unzufriedene oder hungernde Volk bemächtigte sich mit Gewalt des Nahrungsmittels, dessen Erwerb ihm durch Teuerung erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Es ist daher nicht zu verwundern, dass die Behörden eine scharfe Aufsicht über das Bäckergewerbe ausübten. Sie stellten Backverordnungen auf, bestimmten das Brotgewicht und straften streng die den Bestimmungen zuwiderhandelnden Meister. Diese Bevormun- dung hatte jedoch auch Nachteile im Gefolge. Nicht selten wurden die Bäcker, besonders bei hohen Getreidepreisen, gezwungen, das Brot unter dem Werte zu verkaufen. Das richtige Gleichgewicht hat erst der freie Wett- bewerb herbeigeführt, der durch die Gewerbefreiheit (s. Nr. 111) ermöglicht wurde. 3. Das Brot stellt eine lockere, schwamm artige Masse dar, welche von einer harten Kruste umgeben ist. Die lockere Beschaffenheit der Krume wird dadurch verursacht, dass man im Innern des Teiges mit Hilfe von Hefe oder Sauerteig Kohlensäure und Wasserdampf zur Entwickelung bringt. Diese schieben die Teigteilchen auseinander, werden jedoch durch die Zähigkeit des Teiges am Entweichen gehindert. In der Hitze des Backofens werden die Gase so stark ausgedehnt, dass sie den Teig in vielen grösseren und kleineren Bläschen durchsetzen. Die Temperatur des Backofens beträgt 250—300° C. Der Teig wird im Innern jedoch nur auf etwa 100° erwärmt. Seine äusseren Teile werden stärker erhitzt, wodurch die Bildung der Kruste bedingt wird. Ist der Teig zu locker, so tritt ein Verlust von Kohlensäure ein, da dann die Wände der Poren nicht genügende Festigkeit besitzen, um die Gase zu- rückzuhalten; das Brot fällt infolgedessen zusammen und wird fest. Das älteste Lockerungsmittel des Teiges, die Hefe, besitzt die Fähigkeit, den im Mehl enthaltenen Zucker in Kohlensäure und Alkohol zu zer- legen, welcher schon bei 70° C. in Dampfform übergeht. Die Hefepilze sind aber auch in grosser Menge in der Luft enthalten. Lässt man daher Brotteig an der Luft liegen, so geht er bald in Gärung über, indem sich Hefepilze in ihm festsetzen. So können sich die Bäcker fortgesetzt den Sauerteig ohne Mühe bereiten. Er wird hauptsächlich zur Herstellung von Roggenbrot verwandt, während sich die meist aus den Brauereien bezogene Hefe für feineres Gebäck aus Weizenmehl eignet. In neuerer Zeit wird die Hefe vielfach durch Backpulver ersetzt, welches man auf chemischem Wege künstlich herstellt. Nach dem iistein der Wei8en“.

9. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 148

1900 - Essen : Baedeker
148 Einsicht in die Schönheit der Formen wuchs; er lernte das Leichte! und Feine dem Schweren und Groben vorziehen. Nun las er sich Gehilfen aus und erzog sie in seinem Sinne; die Begabten fügten sich nach kurzer Zeit; die Unbegabten oder die Tragen schnürten bald ihr Bündel." „Wollt Ihr uns nicht Eure Zeichnungen zeigen, Enstach?" redete jetzt mein Gastfreund den Mann an, der mit dem Aussuchen der Hölzer für die Tischplatte beschäftigt war. Der junge Mann führte uns in ein freundliches Zimmer, dessen künstlich eingelegter Fußboden mir auffiel. Aus einer Mappe langte er eine Reihe von Zeichnungen hervor, welche Altäre, Chorstühle, Kanzeln, Sakraments- häuschen, Chorbrüstungen und andere Gegenstände darstellten, die in Kirchen vorkommen. Eine andere Mappe enthielt Abbildungen der verschiedenartigsten welt- lichen Gegenstände: Vertäfelungen, Zimmerdecken, Fenster- und Thüreinfassungen, eingelegte Fußböden. „Alle diese Zeichnungen," sagte mein Freund, „sind Nach- bildungen von Gegenständen, die aus älterer Zeit auf uns gekommen sind. Wir haben aber auch selbständig Zeichnungen von Geräten entworfen, die wir nachher ausgeführt haben." Enstach öffnete eine dritte Mappe. Sie enthielt nicht nur vollständige Darstellungen der verschiedensten Geräte, sondern auch ihre Grund- risse, Quer- und Längsschnitte. Manche Zeichnung war vier-, ja fünfmal vor- handen und jedes Mal verändert und verbessert. Die letzte Zeichnung war stets in Farben ausgeführt. „Wenn man alle diese Zeichnungen betrachtet," bemerkte ich, „so kommt man auf den Gedanken, daß die Banwerke eines Zeitabschnitts und die Geräte, welche jene Banwerke füllen und zieren sollen, ein einheitliches Ganze bilden." „Allerdings," erwiderte mein Gastfreund. „Unsere heutigen Geräte passen zu unserer heutigen Baukunst. Unsere Zimmer gleichen hohlen Würfeln, und in ihnen nehmen sich geradlinige und geradflächige Geräte gut ans. Die schön und schwungvoll gehaltenen altertümlichen Geräte stehen mit unsern Zimmern in 'Widerspruch. In Schlössern und altertümlichen Bauten aber finden derartige Geräte eine ihnen ähnliche Umgebung, null daher wird ihre Schönheit dort viel lebhafter empfunden." Mein Freund führte mich jetzt in das hinter der Schreinerei liegende Trockenhaus; in seinem unteren Raume wurden die gröberen, im oberen die feineren Hölzer aufbewahrt. Fast alle Gattungen in- und ausländischen Holzes waren vorhanden. Im unteren Raume bemerkte ich ein schlankes, rahmenartiges Gerüst aus Lärchenholz und fragte nach dessen Bedeutung. Es ist die Grund- lage für einen geschnitzten Altar, den wir einem beschädigten Altar aus dem 15. Jahrhundert nachbilden, um später diesen zu erneuern. „Hat man euch denn erlaubt, diesen Kirchenaltar neu zu gestalten?" fragte ich. „Erst nach vielen Schwierigkeiten. Man setzte Mißtrauen in unsere Kenntnisse und Fähig- keiten, und mit Recht; denn man könnte ja vorschnell Veränderungen an wert- vollen Kunstwerken vornehmen, die dadurch verunstaltet und entwertet würden. Wir mußten daher die Kunstwerke erst so darstellen, wie sie nach der Umarbeitung aussehen würden, und erst als man die Gewißheit hatte, daß das Vorhandene in seiner jetzigen Gestalt erhalten bliebe, ließ man uns gewähren." „Eure Unternehmungen, dünkt mich, haben eine große Bedeutung," warf ich ein. „Ohne Zweifel," erwiderte mein Begleiter, „und ich hoffe, daß einmal eine Zeit kommen wird, in welcher auch der Staat solchen Bestrebungen seine Aufmerksamkeit zuwenden und sachverständige Männer bestellen wird, welche die Verunstaltung alter Kunstwerke verhindern und für ihre Wiederherstellung Sorge tragen." Nach Adalbert Stifter.

10. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 84

1900 - Essen : Baedeker
84 Er war i. J. 1806 als der Sohn des Schreiner-Oberzunftmeisters Wirth in Stuttgart geboren, der es sich zur Richtschnur gemacht hatte, nur gute Arbeit in feinerer Ausführung zu liefern. Sein Sohn zeigte schon als Lehrling, dass er nicht aus der Art geschlagen war; denn ge- schickt und voll Ehrgeiz führte er die ihm übertragenen Arbeiten aus, und alles, was er aus eigenem Antriebe fertigte, zeugte von eigenem Nachdenken und künstlerischem Sinn. Als Nachfolger seines früh verstorbenen Vaters gab Friedrich Wirth dem übernommenen Schreinergeschäft bald eine grössere Ausdehnung. Er richtete ein Musterlager von Möbeln ein und schuf dadurch eine der in jener Zeit so spärlichen Gelegenheiten, zu sehen, was eigentlich feine und genaue Schreinerarbeit sei. Die verknöcherten Zunftgenossen sahen hierin freilich eine umstürzlerische Neuerung. Die Drechslerzunft verklagte ihn wegen Pfuscherei, weil er an seinen Schreinerarbeiten Teile anbrachte, die nach altem Recht nur ein gelernter Drechsler ausführen durfte (s. Nr. 111). Trotzdem erwarb sich Wirth einen guten Ruf und eine weitverzweigte Kundschaft, und sein Landesherr verlieh ihm den Titel eines ,,Hofebenisten“. Der industrielle Hauch, der in den vierziger Jahren des neun- zehnten Jahrhunderts auch in die Gewerbe eindrang, wurde von Friedrich Wirth rechtzeitig in der Bedeutung erkannt, die er auch für die Schreinerei hatte, und so verhielt er sich gegen die Benutzung einer Säge- und Hobelmaschine nicht misstrauisch und feindselig, wie die meisten seiner Berufsgenossen, sondern verwertete die Neuerung zu seinem Vorteile. Schon auf der Leipziger Industrie-Ausstellung vom Jahre 1850 erhielt er für die Möbel, bei denen er die Maschine zu Hilfe genommen hatte, die silberne Medaille. Ein Jahr später gab ihm die erste Weltausstellung in London (s. Nr. 129) die An- regung, einen vollständigen Maschinenbetrieb einzuführen, was da- mals in Stuttgart ein Aufsehen erregendes Ereignis war. Dieser Fabrikbetrieb diente vorzugsweise der Herstellung von Parkettböden. Mittels der Maschine konnten die sauber aneinandergepassten, oft verschiedenfarbig zu Feldern und Sternfiguren zusammengesetzten Platten von Eichen- und Tannenholz so billig hergestellt werden, dass sie sich zur allgemeineren Anwendung bei besseren Bauten empfahlen. Das spiegelglatte Parkett wurde jetzt auch in feineren bürgerlichen Wohnungen Mode und rief das Verlangen hervor, auf so vornehmen Fussböden auch gediegenere und gewähltere Möbel und Geräte aufzu- stellen. So wurde das Parkett der Ausgangspunkt eines feineren Ge- schmacks für Zimmereinrichtungen, für deren Herstellung Wirth ein besonderes Fabrikgebäude errichtete. Im Jahre 1864 zog sich der alternde Meister auf seinen Ruhe- sitz am Bodensee zurück. Seinen in der eigenen Werkstatt gebildeten Söhnen konnte er getrost sein blühendes Geschäft übergeben. Es arbeitet noch jetzt mit den neuesten und vollkommensten Holzbe- arbeitungsmaschinen, und seine Erzeugnisse gehen nach allen Teilen Deutschlands, nach der Schweiz, nach Holland, ja selbst nach Amerika. Nach Schmidt-Weiisenfels und Ph. Wirtgen.
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