Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
19
erbietig den Hut. Der Doktor fragt ihn: „Was führt dich hierher?" —
„Das Almosen, gnädiger Herr, das Sie mir geben, fo oft ich nach Prag
komme!" war die Antwort. „Aber du hast mich ja nicht zu Hause gefunden!" —
„Darum hab' ich warten wollen, bis Sie kämen." — „Du fandest ja alles
offen, hättest ja nehmen können!" — „Bewahre, gnädiger Herr, der Draht-
binder ist arm, aber ehrlich." — „Bist du schon lange hier?" — „Wohl
zwei Stunden!" — „Da hast du lange ans dein Almosen warten müssen!"
— „Hab gern gewartet; denn ich hab' derweile Wache gehalten. Es hätten
Diebe kommen können!"
„Du ehrliche Seele!" sägte da gerührt der Doktor: „Das soll dir nicht
unvergolten bleiben!" Er tritt in das Zimmer, nimmt eine der Geldrollen
vom Pult und giebt sie dem braven Burschen. Der biedere Mensch will
zuerst gar nicht zugreifen; als indessen der Arzt in ihn dringt, nimmt er 's
endlich und geht mit tausend Segenswünschen und heißem Danke gegen Gott
von dannen. Nach W. O. v. Horn.
21. bis Bürgschaft.
Der Schreiner Krug hatte sich in seinem Heimatdorfe ansässig
gemacht und sich durch Arbeitsamkeit und Sparsamkeit ein sorgen-
freies Leben geschaffen. Nun fügte es sich, dass seine älteste Tochter
einen Sägemüller heiratete, und der Meister liess sich dazu verleiten,
seine Habe zu verhauten und gemeinsam mit dem Sägemüller ein
Wasserwerk zu erwerben. Das konnte aber nach kurzer Zeit gegen
eine andere, neu errichtete Schneidemühle nicht mehr aufkommen,
und nach wenigen Jahren war Meister Krug ein armer Mann. Die
jungen Leute behielten noch so viel übrig, dass sie auswandern konnten,
und der alte Meister kehrte wieder in sein Dorf zurück. Unverdrossen
wollte er nochmals die erste Arbeit seines Lebens beginnen; aber bald
merkte er, dass er jetzt weniger als nichts hatte; denn es fehlte ihm
der Kredit. Er lief von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf und klopfte
an den Thüren an; aber überall wies man ihn ab.
Die Not stieg immer höher. Krugs guter Kamerad Grundier
verbürgte sich bei einem reichen Bauern für ein Malter Korn. Meister
Krug überliess es seiner Frau, die als Tagelöhnerin arbeitete; er selber
aber zog wie ein junger Wanderbursche hinaus, um als Handwerks-
geselle Arbeit zu finden. Es gelang ihm bereits am dritten Tage, und
er arbeitete frisch drauf los; aber der alte Mann vermochte wohl die
veränderte Lebensweise nicht zu ertragen, oder er entbehrte der treuen
Fürsorge seines Weibes, oder das Heimweh plagte ihn; genug, noch
nicht zwei Monate waren um, da wurde der Alte ins Spital gebracht.
Aber bald genas er wieder; denn seine Frau war gekommen, ihn zu
pflegen, und die that es nicht anders, er musste mit ihr heim. Doch
da stand er wieder im alten Elend, und was ihn am meisten quälte,
war, dass er nicht einmal so viel erübrigt hatte, dass er dem treuen
Grundier die Bürgschaft ablösen konnte. Wieder begann er voll Ver-
zweiflung seine Wanderungen, und einmal, als er auf dem Heimweg
war, übermannte ihn das Elend. Unter einer Buche mit niederhängen-
den Zweigen blieb er stehen, knüpfte sein Halstuch los und machte
eine Schlinge um einen Ast. ,,Mach’ ein End!“ sagte er vor sich hin
und stampfte auf die Erde, in der er sich ein Grab erzwingen wollte.
2*
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
111
geschäfts übertragen hätten. Die Gewöhnung zur Buchführung muss
beizeiten beginnen. Wer sich daran gewöhnt hat, „in den Tag
hinein zu leben“, dem ist schwer mit der Buchführung beizukommen.
2. Mit dem Handwerk und Kleingewerbe ist ’s ein eigen Ding.
Der Handwerksmeister ist kein Kaufmann und muss doch kauf-
männischen Verpflichtungen nachkommen. Er muss der Werkstatt
vorstehen und soll doch als feiner Geschäftsmann die Kunden be-
dienen. Er soll nach jedermanns Geschmack die besten Waren liefern
und doch geduldig auf Bezahlung warten. Da gilt es denn, die Vor-
teile der kaufmännischen Geschäftsführung sich zu nutze zu machen,
den Kredit zu erhöhen und in bescheidenen Grenzen sich auch des
Wechselverkehrs zu bedienen. Die Buchführung aber muss der Rück-
grat des ganzen Geschäftes sein. Für den Handwerker genügt in-
dessen die einfache Buchführung, während sich grössere Kaufmanns-
firmen der sogenannten doppelten Buchführung bedienen. Den Anfang
der Buchführung muss die Aufnahme eines genauen Vermögensnach-
weises bilden, indem man Vermögen (Aktiva) und Schulden (Passiva)
einander gegenüberstellt. Die Aufstellung des Inventars ist notwendig,
weil man nicht feststellen kann, wieviel man im Laufe eines Jahres
verdient hat, wenn man nicht weiss, wie gross das Vermögen am
Anfang des Jahres gewesen ist. Alsdann richtet man das Tagebuch,
Kassa- und Hauptbuch ein. In das erstere schreibt man jeden vor-
kommenden Geschäftsvorfall. In das Kassabuch gehören die baren
Einnahmen und Ausgaben, welche man am Ende eines jeden Monats
abschließt. Das Hauptbuch dient zur Aufnahme der Geschäftsvorfälle,
die nicht durch Barzahlung erledigt werden. Am Ende des Jahres
wird im Hauptbuch für jeden Kunden ein Abschluss gemacht und
dann ein neues Inventar aufgestellt.
Allerdings ist der Handwerker nicht in dem Masse wie der
Kaufmann gesetzlich zur ordnungsmäßigen Buchführung verpflichtet;
aber sein und seiner Familie Wohl kann unter Umständen von ein
paar Geschäftsbüchern abhängen. Ohne eine übersichtliche, genaue
Buchführung ist der Handwerker nicht im stände, seine Geschäfts-
unkosten festzustellen, so daß er bei der Aufstellung von Kostenberech-
nungen im Finstern tappt und leicht zu Schaden kommen kann.
Legt eine Feuersbrunst Haus und Werkstatt in Asche, so kann der
Meister nur mit Hilfe seiner Geschäftsbücher den Beamten der Feuer-
versicherung beweisen, wie groß seine Vorräte an Werkzeugen, Roh-
stoffen und Waren gewesen sind, welchen Schadenersatz er demnach
zu fordern berechtigt ist (s. Nr. 102). Ist ein Kunde der Meinung,
dass er eine Zahlung bereits geleistet habe, oder verlangt ein Gläubiger
irrtümlich eine Zahlung, die der Meister schon beglichen hat, so
stellen die ordentlich geführten Bücher leicht den Thatbestand fest.
Ein Handwerker verschafft sich um so leichter Kredit bei Lieferanten
und genossenschaftlichen Kassen, je leichter und klarer er nach-
weisen kann, wie es mit seinen Vermögensverhältnissen bestellt ist.
Segnet aber ein Meister das Zeitliche, so können seine Hinterbliebenen
nur aus ordnungsmäßig geführten Büchern ersehen, wie sie Schuldnern
und Gläubigem gegenüber gestellt sind.
Verband der Bildungsvereine Rheinlands u. Westfalens.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
114
Mittelpunkten der Diözese und ihres Verkehrs eigneten. Diese Bischofssitze
sind ohne Ausnahme Städte geworden, z. B. Bremen, Hamburg, Magdeburg.
Mit der Feier der kirchlichen Feste wurden Messen und Märkte verbunden
und so fanden, wo ein Bischof seinen Sitz aufschlug, allemal Verkehr und
Handel reichliche Forderung. Auch die Anlage von königlichen Pfalzen gab
Veranlassung zu Städtegründungen. Wo der König Hof zu halten pflegte,
entstand bald ein lebendiger Verkehr, namentlich wenn der Ort zugleich
Sammelplatz des Heeres war. Wie König Heinrich I., der Stüdteerbaner,
Städte als Bollwerke gegen räuberische Einfälle gründete, ist allgemein bekannt'
In den Städten machte sich bald ein lebhafter Handel bemerkbar, der
durch die Verbindung Deutschlands mit Italien, durch die Krenzzüge und
den Verkehr mit dem Morgenlande verschiedenartige Anregungen erfuhr.
Wichtig war es auch, daß zuerst in den Städten an Stelle des Tauschhandels
der Geldverkehr trat. Dadurch wurde eine wirkliche Arbeitsteilung möglich,
die jedem gestattet, nur ein Geschäft zu treiben, weil alles, was er sonst zum
Leben braucht, fiir Geld zu haben ist. Je mehr der Geldverkehr zunimmt,
desto allgemeiner wird die persönliche Freiheit; denn das Geld macht die
Arbeit von dem Grundbesitz unabhängig, weil es die Bodenerzeugnisse jeder
anderen Ware gleichstellt. Auch giebt es einen mächtigen Reiz, über das
eigene Bedürfnis hinaus zu arbeiten und zu sparen, weil der Gewinn jeder-
zeit und allerorten verwertbar bleibt.
3. Anfangs blieben die Handwerker auch in den Städten von ihren
Herren abhängig; denn die Hauptmasse der Einwohner bildeten hörige Bauern
und Handwerker, die aus dem Grundeigentum des Bischofs, Fürsten oder
Königs saßen. Die Handwerker erhielten von ihren Herren Werkzeuge und
Rohstoffe zur Verarbeitung und als Entgelt den Lebensunterhalt, mitunter
auch Lohn. Indessen hatten die Handwerker in den Städten vielfach Gelegen-
heit, um Geld für Fremde zu arbeiten. Die Herren hatten dagegen nichts
einzuwenden, da es ihnen nur lieb sein konnte, wenn ihre Hörigen zu einer
Art von Wohlstand gelangten. Je mehr die Zahl der Handwerker wuchs,
desto mehr gewannen sie Zeit, für andere zu arbeiten, desto mehr lockerte sich
aber auch ihre Verbindung mit dem herrschaftlichen Hofe. Sie lernten auf
eigenen Füßen stehen wie die später einwandernden Handwerker, welche für
das Leihen eines Bauplatzes dem Grundherrn einen jährlichen Zins zahlten
und dann keinem Frondienst mehr unterworfen waren.
In dem Kampfe der Kaiser gegen das Papsttum ergriffen die Städte
die Partei des Kaisers. Die Heere, mit denen z. B. Kaiser Heinrich Iv.
(1056—1106) ins Feld rückte, bestanden vorzugsweise aus Kaufleuten und
Handwerkern. Der Kaiser erwies sich für solchen Beistand erkenntlich, indem
er zunächst die härteste der hofrechtlichen Lasten, das „Bndteil", aufhob. Als
Hörige, die ans fremdem Boden saßen, dursten die Handwerker nämlich kein
eigenes Vermögen besitzen; nach ihrem Tode fiel daher ihr Nachlaß an den
Herrn. Doch wurde es bald allgemeine Sitte, die Übergabe des Vermögens
aus die Erben zu gestatten und nur einen Teil der Habe zu fordern; das
war das „Bndteil" oder Sterbfallrecht. Auf dem Lande, wo die Hand-
werker gänzlich auf Kosten ihrer Herren lebten, hatte diese Abgabe allerdings
Sinn gehabt; in den Städten dagegen wurde sie drückend; sie lähmte den
Fleiß und Arbeitseifer; denn je mehr sick der Erwerb des Handwerkers ver-
größerte, desto höher stieg der Gewinn des Herrn. Der mächtigste Sporn
zur Arbeit und Sparsamkeit liegt aber in der Aussicht, daß ihre Früchte
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_I. Heinrich_I. Heinrich_Iv Heinrich
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
126
und Zimmerleute ihre Bauschulen. Für alle trägt der Staat Sorge, für
die Handwerker aber zu wenig."
„Hört, guter Freund," sagte der Fürst, „nach all den schönen Dingen,
die ich gehört habe, dünkt mich das Zunftwesen ganz überflüssig zu werden."
„Ew. Durchlaucht halten zu Gnaden, Ordnung erhält die Welt. Es
giebt kein Regiment Soldaten ohne Tambour und Obersten. Das Publikum
muß vor Pfuscherarbeit und Betrug gesichert werden. So allein wird der
Handwerkerstand wieder ein Ehrenstand, der nicht bloß durch die Hand,
sondern auch durch Kenntnis, Kunst und Scharfsinn seinen goldenen Boden
gründet und mit den Fabriken in Wettkampf treten kann." „Ihr mögt recht
haben," sagte der Fürst, „ich danke euch, Meister!" Damit hatte die Unter-
redung ein Ende. Nach Heinrich Zschokke.
*112. Die Organisation des Handwerks nach dem Reichsaesetz
vom 26. Juli 1897.
I.
Die Vereinigung der verschiedenen Berufsstände zur gemeinsamen Wahr-
nehmung ihrer Interessen ist in unserer Zeit eine wirtschaftliche Notwendigkeit
geworden, und insbesondere bedarf das Handwerk infolge seiner geschichtlichen
Entwickelung und seiner gegenwärtigen Lage dringend eines engeren Zusammen-
schlusses. Dieser ist durch das bereits i. I. 1881 geschaffene Handwerkergesetz
wirksam angebahnt worden, durch welches mit der schrankenlosen Gewerbesreihcit
gebrochen und zeitgemäße Innungen ins Leben gerufen wurden. Fortgeführt
wurde der Ausbau des Handwerkerwesens durch das Reichsgesetz vom 26. Juli 1897.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind für das gesamte Handwerk insofern von
ganz besonderer Bedeutung, als nun die Möglichkeit gegeben ist, Handwerker
auch wider ihren Willen zum Beitritt zu einer Innung zu zwingen, und weil
in der Handwerkskammer ein Organ geschaffen worden, das die Interessen des
gesamten Handwerks zu vertreten berufen ist, sowohl der in Innungen und
Vereinen zusammengeschlossenen als auch der einer solchen Vereinigung nicht
angehörenden Handwerker. Dieses Gesetz unterscheidet freie Innungen und Zwangs-
innungen für gleiche oder verwandte Handwerke. Beiden sind Aufgaben gestellt, die
entweder erfüllt werden müssen oder erfüllt werden können. Die Ausgaben, die
erfüllt werden müssen, sind:
1. die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung
der Standesehre unter den Jnnungsmitgliedern;
2. die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und
Gesellen (Gehilfen), sowie die Fürsorge für das Herbergswesen und ven
Arbeitsnachweis;
3. die nähere Regelung des Lehrlingswesens und die Fürsorge für die technische,
gewerbliche und sittliche Ausbildung der Lehrlinge und
4. die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Meister und Lehrling, die
aus dem Lehrvertrage und wegen Anrechnung der Beiträge zur Kranken-
versicherung entstehen.
Vernachlässigt die Innung die Erfüllung dieser Aufgaben, so wird sie
geschlossen; dagegen ist es in ihr Belieben gestellt, ihre Wirksamkeit auf andere,
den Jnnungsmitgliedern gemeinsame Interessen auszudehnen. Insbesondere steht
der Innung zu:
1. Veranstaltungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_Zschokke Heinrich
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
133
ihre Richtigkeit aus seinen Büchern keinen Aufschluss erhalten kann; er ist
nämlich nachlässig in der Führung seiner Bücher und schreibt nicht ordentlich
an. Da eine gutwillige Zahlung nicht zu erreichen ist, so ist Schenk genötigt,
die Hilfe des Gerichts anzurufen. Der Streitfall mit seinem Arbeitgeber ge-
hört jedoch nicht vor das ordentliche, sondern vor das Gewerbegericht, und
so lässt er bei der Gerichtsschreiberei des Gewerbegerichts seine Klage zu
Protokoll nehmen. In wenigen Tagen erhält er vom Vorsitzenden des Ge-
werbegerichts die Aufforderung, zur Verhandlung seiner Sache zu einer näher
bestimmten Zeit zu erscheinen. Auch Gross hat eine solche Aufforderung
erhalten, hat aber keine Lust, selbst vor dem Gewerbegericht zu erscheinen,
sondern will einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Sache beauftragen.
Dieser bedeutet ihm aber, dass Personen, welche das Verhandeln vor Gericht
geschäftsmäßig betreiben, als Prozessbevollmächtigte oder Beistände vor
dem Gewerbegerichte nicht zugelassen werden. Gross muss also wohl oder
übel seine Sache selbst vertreten. Würde er ausbleiben, so würde er ohne
weiteres durch Versäumnisurteil nach dem Klageanträge verurteilt werden.
Er zieht es deshalb vor, sich rechtzeitig zum Termin einzufinden. Schenk,
der Kläger, trägt mit kurzen Worten den Sachverhalt vor und beantragt die
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50 Mark und der Kosten des
Verfahrens. Der Beklagte dagegen bestreitet die Ausführungen des Klägers
und beantragt dessen kostenpflichtige Abweisung. Der Vorsitzende versucht
nun zunächst, eine gütliche Beilegung der Sache herbeizuführen. „Wenn Herr
Schenk,“ so etwa führt er aus, „sich mit solcher Bestimmtheit erinnert, den
Vorschuss deshalb erbeten zu haben, um am 1. April seine Miete bezahlen
zu können, dann wird er doch wohl im Rechte sein, meinen Sie nicht, Herr
Gross? Wollen Sie ihm also die 50 Mark nicht lieber freiwillig zahlen?
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass, wenn die Parteien sich vor dem
Gewerbegericht vergleichen, keine Gerichtskosten erhoben werden.“ Gross
lehnt aber eine Einigung ab, und Schenk schiebt ihm nun einen Eid
darüber zu, dass er einen Vorschuss auf den Monatslohn für Mai nicht
empfangen habe. Gross schiebt den Eid zurück, und das Gericht beschliesst,
dem Kläger Schenk den Eid abzunehmen. Nachdem dies geschehen ist, er-
lässt das Gewerbegericht folgendes Urteil: „Der Beklagte Gross wird ver-
urteilt, dem Kläger Schenk 50 Mark zu zahlen und die Kosten des Rechts-
streits zu tragen.“ Bei diesem Urteil will sich Gross aber nicht beruhigen;
da jedoch der Wert des Streitgegenstandes weniger als 100 Mark beträgt,
so kann er nicht die Berufung an das Landgericht einlegen, sondern das
Urteil des Gewerbegerichts ist in diesem Falle endgültig. Es bleibt ihm also
nichts übrig, als den Kläger zu befriedigen, wenn er sich nicht der Gefahr
aussetzen will, dass Schenk einen Gerichtsvollzieher mit der Einziehung be-
auftragt. —
3. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die
Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeits-
verhältnisses fehlte es früher an einer Stelle, die geeignet und berufen
war, die Vermittlung zwischen den streitenden Parteien in die Hand zu nehmen
und darauf hinzuwirken, dass die für beide Teile mit schweren Opfern ver-
bundenen Arbeitseinstellungen thunlichst vermieden oder, wo sie entstanden
waren, möglichst rasch beseitigt wurden. Diesem Mangel wurde abgeholfen,
indem man für solche Fälle die Rolle eines Einigungsamtes gleichfalls
dem Gewerbegericht zuwies.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
75
als Heizstoff, teils werden aus ihm die wertvollen Mineralschmieröle gewonnen.
Fast alle Produkte gehen entweder mit der Bahn nach Batum am Schwarzen
Meere oder zu Schiff nach Astrachan. Solch ein Transportschiff ist von
Eisen und in etwa sechs Fächer eingeteilt, die mittels Pumpen gefüllt
und ebenso gelöscht werden; die Form der Eisenbahnwagen hat Ähnlichkeit
mit Zisternen. Im Jahre 1896 wurden aus Baku etwa 15 Millionen Doppel-
centner Petroleum, Iv2 Millionen Doppelcentner Schmieröle und 35 Millionen
Doppelcentner Rückstand für Heizzwecke ausgeführt.
Nach Rudolf Risehin (Baku).
(Aus: „Stein der Weisen“.)
*77. Ein deutsches Bergwerk im Kaukasus.
1. Die weltbekannte Firma Siemens und Halske besitzt in Petersburg ein
Zweiggeschäft, welches in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts von der
russischen Regierung mit dem Ban mehrerer Telegraphenlinien im kaukasischen
Rußland beauftragt wurde. Aus diesem Grunde wurde in Tiflis ein Neben-
geschäft errichtet, dessen Leitung Walther Siemens übernahm. Nach Vollendung
der Arbeiten brachte dieser im Jahre 1864 den Ankauf einer reichen Kupfer-
mine zu Kedabeg bei Elisabethpol in Vorschlag. Da der Bergwerksbetrieb
in den Rahmen der geschäftlichen Thätigkeit der Firma nicht hineinpaßte, so
gaben Werner von Siemens und sein Bruder Karl das zum Ankauf und
Betriebe erforderliche, ziemlich niedrig veranschlagte Kapital privatim her.
Uber diese Unternehmung giebt Werner von Siemens in seiner Lebens-
beschreibung folgenden lehrreichen Bericht.
Das Kupferbergwerk Kedabeg ist uralt; dafür zeugt die Unzahl alter
Arbeitsstätten, die den Gipfel des erzführenden Berges krönen, das Vorkommen
gediegenen Kupfers und endlich der Umstand, daß in der Nähe ausgedehnte vor-
geschichtliche Grabfelder liegen. Das Bergwerk hat eine paradiesisch schöne
Umgebung mit gemäßigtem Klima und liegt etwa 800 irr über der großen
kaukasischen Steppe, die sich von einem Ausläufer des kleinen Kaukasus bis
an das Kaspische Meer zieht. Als der uralte, auf die Verarbeitung der zu
Tage tretenden Erze gerichtete Abbau nicht mehr fortgesetzt werden konnte,
kam das Bergwerk in die Hände der Griechen. Ihre schrägen, treppenförmig
niedergetriebenen Schachte, aus denen sie auf dem Rücken Erze und Wasser
hinaustrugen, waren noch im Gebrauch, als mein Bruder Walther das Werk
übernahm. Der Bergbau nach modernen Grundsätzen wurde von uns mit
sehr rosigen Hoffnungen unter Leitung eines jüngeren preußischen Berg- und
Hüttenmannes begonnen. Bald aber zeigte es sich, daß bedeutende Schwierig-
keiten zu überwinden waren und große Geldsummen aufgewendet werden
mußten, um einen lohnenden Betrieb herbeizuführen. Lag doch das Werk
etwa 600 km vom Schwarzen Meere entfernt, mit dem es weder durch eine
Eisenbahn noch durch ordentliche Straßen in Verbindung stand! Alle für
das Bergwerk und die zu erbauende Kupferhütte erforderlichen Materialen, ja
sogar die feuerfesten Steine mußten ans Europa bezogen werden. Für das
Leben einer europäischen Kolonie in dieser paradiesischen Wüste, in der Erd-
höhlen als menschliche Wohnungen dienten, waren erst alle Kulturbedingungen
zu schassen. Kein Wunder, daß sich uns Brüdern bald die Frage aufdrängte,
ob wir die Unternehmung fortsetzen oder wieder aufgeben sollten, und daß ich
mich im Jahre 1865 entschloß, selbst nach dem Kaukasus zu reisen, um mich
durch den Augenschein über die Sachlage zu unterrichten.
In Poti empfing mich mein Bruder Walther, mit dem ich über Tiflis
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Rudolf_Risehin Rudolf Werner_von_Siemens Karl Karl Werner_von_Siemens
Extrahierte Ortsnamen: Astrachan Baku Baku Kaukasus Petersburg Tiflis Kedabeg Kaspische_Meer Europa
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
größeren Bequemlichkeit und Annehmlichkeit der Wohnungen. Auch den
Männern behagte es, daß sie nicht mehr Vorkehrungen für die Regensicherheit
ihrer Dächer zu treffen brauchten. Es wurde nun weiter dafür gesorgt, daß
die Frauen sich allerlei kleine Einrichtungen beschaffen konnten, die das Leben
im Hause gemütlicher machten. Sie fanden bald Geschmack an Teppichen
und Spiegeln, verbesserten ihre Kleidung, kurz sie gewöhnten sich an Bedürfnisse,
für deren Befriedigung die Männer nun sorgen mußten, die sich selbst ganz wohl
dabei fanden. Das erregte den Neid der noch in ihren Höhlen wohnenden
Frauen, und es dauerte gar nicht lange, so trat ein allgemeiner Zudrang zu
den Arbeiterwohnungen ein. Der bedürfnislose Mensch steht jeder Kultur-
entwickelung gleichgültig oder gar feindlich gegenüber. Erst wenn Bedürfnisse
in ihm erweckt sind und er ihrer Befriedigung halber an Arbeit gewöhnt ist,
bildet er einen dankbaren Gegenstand für gesellschaftliche und religiöse Kultur-
bestrebungen. Als ich drei Jahre später Kedabeg wieder besuchte, war aus der
Troglodytenniederlassung bereits eine ganz ansehnliche Ortschaft europäischen
Aussehens geworden; es war ein fester Arbeiterstamm vorhanden, der den Fort-
gang der notwendigen Arbeiten zu jeder Zeit sicher stellte.
Leider drohte der Mangel an Holz schließlich doch das Hüttenwerk zum
Stillstand zu bringen. Indes in der Regel ist die Not selbst der beste
Helfer aus der Not. Es gelang uns später, die Kohlen durch den Rohstoff
des Petroleums, die Naphtha js. Nr. 76), sowie durch das Masut, den
Rückstand der Petroleumdestillation, zu ersetzen. Diese Brennstoffe wurden von
Baku auf der Tifliser Bahn bis zum Fuße des Gebirges geführt. Da aber
im Winter und während der Regenzeit die Wege von der Eisenbahn nach
Kedabeg grundlos sind, so wurde aus nahtlosen Mannesmann-Stahlröhren*)
eine Leitung erbaut, durch welche die flüssigen Heizstoffe aus der Ebene den
hohen Bergabhang hinaufgepumpt werden. So ist im fernen Kaukasus ein
Berg- und Hüttenwerk entstanden, das mit Hilfe der wissenschaftlichen Technik
die Ungunst seiner Lage siegreich zu überwinden vermag. Nach Werner v. Siemens.
78. Bergmannsleben.
1. In das ew’ge Dunkel nieder
steigt der Knappe, der Gebieter
einer unterird’schen Welt.
Er, der stillen Nacht Gefährte,
atmet tief im Schoss der Erde,
den kein Himmelslicht erhellt.
Neu erzeugt mit jedem Morgen
geht die Sonne ihren Lauf;
ungestört ertönt der Berge
uralt Zauberwort: „Glück auf!“
2. Durch der Stollen weite Länge,
durch das Labyrinth der Gänge
wandern wir den sichern Weg.
Über nie erforschte Gründe,
über dunkle Höllenschlünde
leitet schwankend uns der Steg.
Ohne Grauen, ohne Zaudern
dringen wir ins wüste Reich,
führen auf metallne Wände
jauchzend den gewaltigen Streich.
3. Unter unsershammers Schlägen
quillt der Erde reicher Segen
aus der Felsenkluft hervor.
Was wir in dem Schacht gewonnen,
steigt zum reinen Glanz der Sonnen,
zu des Tages Licht empor.
Herrlich lohnt sich unser Streben,
bringet eine goldne Welt
und des Demants Pracht zu Tage,
die in finstrer Tiefe schwellt.
Theodor Körner. (.Gekürzt.)
*) Diese Röhren werden nach dem von den Gebr. Mannesmann angegebenen Ver-
fahren aus massiven Metallstäben gewalzt, welche außer der Drehung um ihre eigene Achse
eine Schraubendrehung erhalten und dadurch sehr widerstandsfähig werden.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
79
bewegt wurde, vertraten die Stelle unserer Mühlen. Vollkommener waren die
Mahlvorrichtungen, welche in völlig erhaltenem Zustande in Pompeji ausge-
graben worden sind. Über einen kegelförmigen, feststehenden Stein wurde
ein ausgehöhlter Stein gestülpt. Versetzte man ihn in Drehung, so bewegte
sich seine innere Fläche knapp an der äusseren Fläche des feststehenden
Steines vorbei. Letzterer trug an der Spitze einen Zapfen, welcher in ein
metallenes Querstück des äusseren Steines passte, und dieser Hut hatte eine
nach oben gerichtete, trichterförmige Öffnung, in welche das Getreide geschüttet
wurde. Die Drehung des Hutes erfolgte durch Menschenkraft. Damals
unterschied man schon feines Mehl, Mittelmehl und grobes Mehl.
Seitdem die Herstellung des Brotes gewerbsmässig betrieben wurde,
gewann das Bäckerhandwerk mit der fortschreitenden Kultur eine immer
grössere Bedeutung, besonders da das Brot die Hauptnahrung der minder
bemittelten Stände war. Häufig begannen Aufstände vor den Brotbänken
und Bäckerläden; denn das unzufriedene oder hungernde Volk bemächtigte
sich mit Gewalt des Nahrungsmittels, dessen Erwerb ihm durch Teuerung
erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Es ist daher nicht zu verwundern,
dass die Behörden eine scharfe Aufsicht über das Bäckergewerbe ausübten.
Sie stellten Backverordnungen auf, bestimmten das Brotgewicht und straften
streng die den Bestimmungen zuwiderhandelnden Meister. Diese Bevormun-
dung hatte jedoch auch Nachteile im Gefolge. Nicht selten wurden die
Bäcker, besonders bei hohen Getreidepreisen, gezwungen, das Brot unter dem
Werte zu verkaufen. Das richtige Gleichgewicht hat erst der freie Wett-
bewerb herbeigeführt, der durch die Gewerbefreiheit (s. Nr. 111) ermöglicht wurde.
3. Das Brot stellt eine lockere, schwamm artige Masse dar, welche von
einer harten Kruste umgeben ist. Die lockere Beschaffenheit der Krume wird
dadurch verursacht, dass man im Innern des Teiges mit Hilfe von Hefe
oder Sauerteig Kohlensäure und Wasserdampf zur Entwickelung bringt. Diese
schieben die Teigteilchen auseinander, werden jedoch durch die Zähigkeit des
Teiges am Entweichen gehindert. In der Hitze des Backofens werden die
Gase so stark ausgedehnt, dass sie den Teig in vielen grösseren und kleineren
Bläschen durchsetzen. Die Temperatur des Backofens beträgt 250—300° C.
Der Teig wird im Innern jedoch nur auf etwa 100° erwärmt. Seine äusseren
Teile werden stärker erhitzt, wodurch die Bildung der Kruste bedingt wird.
Ist der Teig zu locker, so tritt ein Verlust von Kohlensäure ein, da dann
die Wände der Poren nicht genügende Festigkeit besitzen, um die Gase zu-
rückzuhalten; das Brot fällt infolgedessen zusammen und wird fest.
Das älteste Lockerungsmittel des Teiges, die Hefe, besitzt die Fähigkeit,
den im Mehl enthaltenen Zucker in Kohlensäure und Alkohol zu zer-
legen, welcher schon bei 70° C. in Dampfform übergeht. Die Hefepilze
sind aber auch in grosser Menge in der Luft enthalten. Lässt man daher
Brotteig an der Luft liegen, so geht er bald in Gärung über, indem
sich Hefepilze in ihm festsetzen. So können sich die Bäcker fortgesetzt den
Sauerteig ohne Mühe bereiten. Er wird hauptsächlich zur Herstellung von
Roggenbrot verwandt, während sich die meist aus den Brauereien bezogene
Hefe für feineres Gebäck aus Weizenmehl eignet. In neuerer Zeit wird die
Hefe vielfach durch Backpulver ersetzt, welches man auf chemischem Wege
künstlich herstellt. Nach dem iistein der Wei8en“.
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
148
Einsicht in die Schönheit der Formen wuchs; er lernte das Leichte! und Feine
dem Schweren und Groben vorziehen. Nun las er sich Gehilfen aus und erzog
sie in seinem Sinne; die Begabten fügten sich nach kurzer Zeit; die Unbegabten
oder die Tragen schnürten bald ihr Bündel."
„Wollt Ihr uns nicht Eure Zeichnungen zeigen, Enstach?" redete jetzt mein
Gastfreund den Mann an, der mit dem Aussuchen der Hölzer für die Tischplatte
beschäftigt war. Der junge Mann führte uns in ein freundliches Zimmer, dessen
künstlich eingelegter Fußboden mir auffiel. Aus einer Mappe langte er eine
Reihe von Zeichnungen hervor, welche Altäre, Chorstühle, Kanzeln, Sakraments-
häuschen, Chorbrüstungen und andere Gegenstände darstellten, die in Kirchen
vorkommen. Eine andere Mappe enthielt Abbildungen der verschiedenartigsten welt-
lichen Gegenstände: Vertäfelungen, Zimmerdecken, Fenster- und Thüreinfassungen,
eingelegte Fußböden. „Alle diese Zeichnungen," sagte mein Freund, „sind Nach-
bildungen von Gegenständen, die aus älterer Zeit auf uns gekommen sind. Wir
haben aber auch selbständig Zeichnungen von Geräten entworfen, die wir nachher
ausgeführt haben." Enstach öffnete eine dritte Mappe. Sie enthielt nicht nur
vollständige Darstellungen der verschiedensten Geräte, sondern auch ihre Grund-
risse, Quer- und Längsschnitte. Manche Zeichnung war vier-, ja fünfmal vor-
handen und jedes Mal verändert und verbessert. Die letzte Zeichnung war stets
in Farben ausgeführt.
„Wenn man alle diese Zeichnungen betrachtet," bemerkte ich, „so kommt
man auf den Gedanken, daß die Banwerke eines Zeitabschnitts und die Geräte,
welche jene Banwerke füllen und zieren sollen, ein einheitliches Ganze bilden."
„Allerdings," erwiderte mein Gastfreund. „Unsere heutigen Geräte passen zu
unserer heutigen Baukunst. Unsere Zimmer gleichen hohlen Würfeln, und in
ihnen nehmen sich geradlinige und geradflächige Geräte gut ans. Die schön und
schwungvoll gehaltenen altertümlichen Geräte stehen mit unsern Zimmern in
'Widerspruch. In Schlössern und altertümlichen Bauten aber finden derartige
Geräte eine ihnen ähnliche Umgebung, null daher wird ihre Schönheit dort viel
lebhafter empfunden."
Mein Freund führte mich jetzt in das hinter der Schreinerei liegende
Trockenhaus; in seinem unteren Raume wurden die gröberen, im oberen die
feineren Hölzer aufbewahrt. Fast alle Gattungen in- und ausländischen Holzes
waren vorhanden. Im unteren Raume bemerkte ich ein schlankes, rahmenartiges
Gerüst aus Lärchenholz und fragte nach dessen Bedeutung. Es ist die Grund-
lage für einen geschnitzten Altar, den wir einem beschädigten Altar aus dem
15. Jahrhundert nachbilden, um später diesen zu erneuern. „Hat man euch
denn erlaubt, diesen Kirchenaltar neu zu gestalten?" fragte ich. „Erst nach
vielen Schwierigkeiten. Man setzte Mißtrauen in unsere Kenntnisse und Fähig-
keiten, und mit Recht; denn man könnte ja vorschnell Veränderungen an wert-
vollen Kunstwerken vornehmen, die dadurch verunstaltet und entwertet würden.
Wir mußten daher die Kunstwerke erst so darstellen, wie sie nach der Umarbeitung
aussehen würden, und erst als man die Gewißheit hatte, daß das Vorhandene
in seiner jetzigen Gestalt erhalten bliebe, ließ man uns gewähren." „Eure
Unternehmungen, dünkt mich, haben eine große Bedeutung," warf ich ein. „Ohne
Zweifel," erwiderte mein Begleiter, „und ich hoffe, daß einmal eine Zeit kommen
wird, in welcher auch der Staat solchen Bestrebungen seine Aufmerksamkeit
zuwenden und sachverständige Männer bestellen wird, welche die Verunstaltung
alter Kunstwerke verhindern und für ihre Wiederherstellung Sorge tragen."
Nach Adalbert Stifter.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
84
Er war i. J. 1806 als der Sohn des Schreiner-Oberzunftmeisters Wirth
in Stuttgart geboren, der es sich zur Richtschnur gemacht hatte, nur
gute Arbeit in feinerer Ausführung zu liefern. Sein Sohn zeigte schon
als Lehrling, dass er nicht aus der Art geschlagen war; denn ge-
schickt und voll Ehrgeiz führte er die ihm übertragenen Arbeiten
aus, und alles, was er aus eigenem Antriebe fertigte, zeugte von
eigenem Nachdenken und künstlerischem Sinn. Als Nachfolger seines
früh verstorbenen Vaters gab Friedrich Wirth dem übernommenen
Schreinergeschäft bald eine grössere Ausdehnung. Er richtete ein
Musterlager von Möbeln ein und schuf dadurch eine der in jener
Zeit so spärlichen Gelegenheiten, zu sehen, was eigentlich feine und
genaue Schreinerarbeit sei. Die verknöcherten Zunftgenossen sahen
hierin freilich eine umstürzlerische Neuerung. Die Drechslerzunft
verklagte ihn wegen Pfuscherei, weil er an seinen Schreinerarbeiten
Teile anbrachte, die nach altem Recht nur ein gelernter Drechsler
ausführen durfte (s. Nr. 111). Trotzdem erwarb sich Wirth einen
guten Ruf und eine weitverzweigte Kundschaft, und sein Landesherr
verlieh ihm den Titel eines ,,Hofebenisten“.
Der industrielle Hauch, der in den vierziger Jahren des neun-
zehnten Jahrhunderts auch in die Gewerbe eindrang, wurde von
Friedrich Wirth rechtzeitig in der Bedeutung erkannt, die er auch
für die Schreinerei hatte, und so verhielt er sich gegen die Benutzung
einer Säge- und Hobelmaschine nicht misstrauisch und feindselig,
wie die meisten seiner Berufsgenossen, sondern verwertete die Neuerung
zu seinem Vorteile. Schon auf der Leipziger Industrie-Ausstellung
vom Jahre 1850 erhielt er für die Möbel, bei denen er die Maschine
zu Hilfe genommen hatte, die silberne Medaille. Ein Jahr später
gab ihm die erste Weltausstellung in London (s. Nr. 129) die An-
regung, einen vollständigen Maschinenbetrieb einzuführen, was da-
mals in Stuttgart ein Aufsehen erregendes Ereignis war. Dieser
Fabrikbetrieb diente vorzugsweise der Herstellung von Parkettböden.
Mittels der Maschine konnten die sauber aneinandergepassten, oft
verschiedenfarbig zu Feldern und Sternfiguren zusammengesetzten
Platten von Eichen- und Tannenholz so billig hergestellt werden, dass
sie sich zur allgemeineren Anwendung bei besseren Bauten empfahlen.
Das spiegelglatte Parkett wurde jetzt auch in feineren bürgerlichen
Wohnungen Mode und rief das Verlangen hervor, auf so vornehmen
Fussböden auch gediegenere und gewähltere Möbel und Geräte aufzu-
stellen. So wurde das Parkett der Ausgangspunkt eines feineren Ge-
schmacks für Zimmereinrichtungen, für deren Herstellung Wirth ein
besonderes Fabrikgebäude errichtete.
Im Jahre 1864 zog sich der alternde Meister auf seinen Ruhe-
sitz am Bodensee zurück. Seinen in der eigenen Werkstatt gebildeten
Söhnen konnte er getrost sein blühendes Geschäft übergeben. Es
arbeitet noch jetzt mit den neuesten und vollkommensten Holzbe-
arbeitungsmaschinen, und seine Erzeugnisse gehen nach allen Teilen
Deutschlands, nach der Schweiz, nach Holland, ja selbst nach Amerika.
Nach Schmidt-Weiisenfels und Ph. Wirtgen.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Extrahierte Personennamen: Wirth Friedrich_Wirth Friedrich Wirth Friedrich_Wirth Friedrich Wirth Wirtgen
Extrahierte Ortsnamen: Stuttgart London Stuttgart Deutschlands Holland Amerika